21. März 2025
Glaube im Alltag, das ist der Stoff, aus dem die „Sonntagsminute" gemacht wird. Bin ich schön? Manchmal wird auch Kerstin Hillgärtner von Selbstzweifeln geplagt. Aber sie weiß: Gott findet mich schön (Psalm 139: „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin"). Regine Jünger nimmt die Empfänger der „Sonntagsminute" schon mal mit in das Innere einer Orgel oder erzählt von ihrem inzwischen gestorbenen Hund Lenni. ©Kerstin Hillgärtner/Regine Jünger
Jeden Sonntag, ziemlich pünktlich um halb neun, verschicken Kerstin Hillgärtner und Regine Jünger einen kleinen Film. In 60 Sekunden – mal mehr, mal weniger – führen die beiden Pfarrerinnen ihren Glauben und den Alltag zusammen: Was hat Gott mit unserem Leben zu tun und findet man in der Bibel eine Antwort auf das, was einen gerade umtreibt? Davon gibt es in diesen Tagen ja wahrlich genug. Über ihre WhatsApp-Kanäle, über YouTube und Instagram erreicht die „Sonntagsminute“ Woche für Woche viele Hundert Menschen. Es ist ein „Draht zu Leuten, zu denen ich sonst keinen Kontakt hätte, weil sie nicht mehr zu uns in die Kirchen kommen“, sagt Regine Jünger.
„Sie kenn’ ich doch aus dem Internet“, den Satz hören die beiden Theologinnen öfter. Geplant war diese Karriere freilich nicht. Die „Sonntagsminute“ ist in einer eher beklemmenden Situation während der Pandemie entstanden, als das öffentliche Leben auf null heruntergefahren war und nichts mehr ging. Kitas, Schulen, Geschäfte, Kneipen – alles dicht. Auch Gottesdienste fanden nicht mehr statt. „Die Videobotschaft war eine Möglichkeit, den Kontakt zur Gemeinde zu halten und zu zeigen: Ich bin da, auch wenn wir uns nicht begegnen“, erzählt Kerstin Hillgärtner.
„Gruselig“ findet sie heute die ersten Filme aus dem Frühjahr 2020. Im Talar stehen sie in ihren Kirchen – Kerstin Hillgärtner damals noch in Hirzenhain, Regine Jünger in Lißberg – und spenden Trost in einer dystopischen Zeit. Kaum Bewegung, kein Bildschnitt. Doch ihre Botschaften kommen an. Die Nachricht aufs Handy spricht die Menschen direkt an: Ja, du bist gemeint! Viele schicken den Gruß weiter. „Sie werden doch hoffentlich nicht damit aufhören“, heißt es aus den Gemeinden, als der Lockdown aufgehoben wird und das Leben wieder in vertrauten Bahnen verläuft.
Genau das hatte das Ehepaar Hillgärtner – Jünger eigentlich vor. „Nach Corona sollte damit Schluss sein“, gesteht Regine Jünger. Dann aber finden sie selbst immer mehr Spaß an dem neuen Format, am Experimentieren mit Worten und Bildern. Sie investieren in Technik wie Scheinwerfer und Mikrofon und lernen, wie man Filmsequenzen zusammenfügt und mit Text und Musik unterlegt. Den Anspruch, perfekt zu sein, haben sie dabei nicht. Sie wollen authentisch sein. Sie werden kreativer und persönlicher und oft gibt’s auch was zu lachen. „Heute zeigen wir, wie unser Glaube mit uns durch unseren Alltag geht“, berichtet Regine Jünger.
Damit treffen sie offensichtlich einen Nerv. Keine langen Reden, sondern kleine Impulse, die innehalten lassen in einer immer aufgeregteren Welt, die den eigenen Gedanken auf die Sprünge helfen und Orientierung geben und Zuversicht spenden. Die Menschen, so ihre Erfahrung nach fünf Jahren „Sonntagsminute“, sind offen für die gute Botschaft Gottes. Wenn man sie gut verpackt: Ein kritischer Blick in den Spiegel: bin ich schön? Nicht aufgepasst, gestolpert und sich richtig in was reingeritten? Ekel vor Nacktschnecken? Nichts klappt? Das kennen auch die beiden Pfarrerinnen – und finden zu den kleinen und großen Fragen des Alltags Analogien in der Bibel, die trösten, ermutigen und versöhnen.
Je nachdem, wie es ihre Zeit erlaubt, entsteht die Sonntagsminute mal in Teamwork, mal produziert eine allein. „Die Idee dafür läuft meistens die ganze Woche mit“, schildert Kerstin Hillgärtner. Nur zwei oder drei Mal sei es bisher vorgekommen, dass ihnen partout nichts einfallen wollte.
Nebenbei entstehen die Filme übrigens nicht. Mindestens ein halber Tag geht dafür drauf. „Das ist beinahe so arbeitsintensiv wie eine Gottesdienstvorbereitung“, erklärt Regine Jünger. Arbeit, die auf den „normalen“ Pfarrerinnen-Job noch draufkommt. Trotzdem: Sich mit Mitte 50 in ein neues Medium einzufuchsen sei genau richtig und „das einzige gewesen, was in dieser Frustzeit Spaß gemacht hat“, findet Kerstin Hillgärtner.
Die „Sonntagsminute“ hat auch einen Effekt auf ihre Gottesdienste. „Pfarrer können ja reden ohne Ende, aber für die Videos müssen wir uns beschränken“, bemerkt Regine Jünger, „seither predigen wir anders: kürzer und weniger ,pastoral‘“. Das Wichtigste ist ihnen der Segen oder der Zuspruch am Ende einer jeden „Sonntagsminute“, das Vertrauen darauf, dass Gott es gut mit uns meint.
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Wenn auch Sie die Sonntagsminute bekommen möchten, schreiben Sie eine E-Mail mit Ihrer Mobilnummer an kerstin.hillgaertner@ekhn.de oder an regine.juenger@ekhn.de, dann werden Sie in den Verteiler aufgenommen. (jub)
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