19. Februar 2025
Blicken auf eine gute und effektive Zusammenarbeit zurück und stoßen auf einen gelingenden Ruhestand an: Rita Stoll und Präses Rolf Hartmann. Fotos: Dekanat Büdinger Land
Etliche Frauen und Männer hat sie in den vergangenen Jahren auf ihrer Reise in „ein unbekanntes Land“ begleitet. Die Boomer gehen in Rente und Rita Stoll, Referentin für Bildung und Gesellschaftliche Verantwortung des Evangelischen Dekanats Büdinger Land, hat sie in gleichnamigen Kursen auf diese neue Lebensphase vorbereitet: Was bleibt, was kommt, wenn der Arbeitsalltag nicht mehr den Takt vorgibt? Nun steht Rita Stoll selbst vor der Frage, ob alles anders werden wird. Am 1. März beginnt ihr Ruhestand.
Was nimmt sie für sich aus den Kursen mit? „Ich muss lernen, loszulassen“, antwortet die 66-Jährige. Sie will reisen, Familie und Freunde besuchen, um Abstand zu gewinnen. Danach will sie aufnehmen, was sich wie ein roter Faden durch ihre Biographie zieht: zusammen mit anderen etwas gestalten, sich einbringen, Chancen ergreifen, Verantwortung übernehmen. Dann freilich im Ehrenamt.
Rita Stoll stammt aus einfachen Verhältnissen. Sie wächst im Schottener Stadtteil Rainrod auf und beginnt ihre berufliche Laufbahn als Kinderpflegerin. Auf die Ausbildung zur Erzieherin folgt das Abitur am Abendgymnasium in Neu Isenburg. Psychologie will sie studieren, wie ihr WG-Mitbewohner und späterer Ehemann Kurt Ulbrich. Doch die Statistik schreckt sie ab. Am Abendgymnasium hat sie ihre Liebe zur Literatur entdeckt und so schreibt sie sich schließlich für Germanistik, Soziologie und Politikwissenschaft ein. Daneben jobbt sie und engagiert sich im Frauenreferat der Frankfurter Goethe Universität. Als sie 1992 ihr Studium abschließt, ist sie hochschwanger mit Tochter Paula. Um den Lebensunterhalt der kleinen Familie zu bestreiten, arbeitete sie im „Fairsicherungsladen“ in Frankfurt.
1995 kommt Sohn Leon zur Welt und die Familie zieht nach Rainrod, weil dort, im familiären Umfeld, Beruf und Kinder besser zu vereinbaren sind. Rita Stoll arbeitet zunächst als Erzieherin im Kindergarten Eschenrod. Als sie 2003 eine Stellenausschreibung des damaligen Dekanats Büdingen für die Arbeit mit jungen Familien liest, bewirbt sie sich. Später übernimmt sie als Vakanzvertreterin zusätzlich die halbe Fachstelle für Bildung. Als die Fachstelle für Gesellschaftliche Verantwortung frei wird, bewirbt sie sich abermals und ist ab 2015 Referentin für Bildung und Gesellschaftliche Verantwortung mit jeweils einer halben Stelle.
„Die Frau Stoll, die kann’s“, sagt Präses Rolf Hartmann, als Rita Stoll im Kreise von Kolleginnen und Kollegen sowie Weggefährten im Margaretha-Pistorius-Haus in Nidda verabschiedet wird. Was lapidar klingt, zeugt von großem Respekt vor ihrer Lebensleistung. Viele entscheidende Impulse habe sie gegeben, das Ehrenamt in den Kirchengemeinden gefördert, Umweltthemen vorangetrieben und „Synoden akribisch vorbereitet“. Am Austausch von Kirchen und Kommunen im Büdinger Land zur Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts habe sie maßgeblichen Anteil. Quasi nebenbei hat sie die gemeindepädagogische Zusatzqualifikation erworben und dann auch noch Sozialpädagogik an der Evangelischen Hochschule in Darmstadt studiert und gelehrt. „Wo Stoll draufsteht, ist Qualität drin“, schließt Hartmann.
Dass Rita Stolls Karriere innerhalb der Evangelischen Kirche verlaufen würde, war nicht geplant. Abwegig ist es in der Rückschau aber nicht. „Das Thema Kirchengemeinde gehörte bei uns daheim an den Mittagstisch“, erinnert sie sich. Der Großvater war Kirchenvorsteher, die Mutter ebenso „und als die Kinder aus dem Gröbsten raus waren, habe ich das geerbt“.
„Kirche gehört mitten in die Gesellschaft“, ist Rita Stoll überzeugt. „Was macht uns als Kirche aus und wie schaffen wir es, die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren?“, sind die Fragen, die sie geleitet haben. Das breite Themenspektrum, das ihr die verschiedenen beruflichen Tätigkeitsfelder jeweils boten, hat sie immer gut zu nutzen gewusst. „Ich bin gerne gemeinsam mit anderen Menschen auf dem Weg, um Kirche zu gestalten“, sagt sie. Ihre unaufgeregte und zugewandte Art und nicht zuletzt ihr Geschick als Netzwerkerin spielen dabei eine wichtige Rolle.
Mit ihrer Arbeit hat sie immer wieder Menschen erreicht, die sonst nur wenige Berührungspunkte mit Kirche haben. „In der Flüchtlingsarbeit oder in den oben erwähnten Ruhestandskursen erleben diese Menschen Kirche als eine Institution, die sie unterstützt, begleitet und Räume für die Auseinandersetzung – auch mit politischen Fragestellungen – öffnet.“ Kirche als gesellschaftlicher Akteur: Themen aufgreifen, Beteiligung ermöglichen, Begeisterung wecken, so versteht sie ihre Referentenstellen.
Von der Zukunft will Rita Stoll sich überraschen lassen. „Ich würde ja gerne die Welt retten, das kann man leider nicht allein.“ Doch an ihrem Platz wird sie sicher
auch künftig daran mitwirken, die Welt ein wenig freundlicher, gerechter und besser zu machen. (jub)
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