Wolken am Himmel angestrahlt von untergehender Sonne. © Birgit Arndt / fundus.media

Himmlische Impulse

Gedanken zum Sonntag

Einfach mal Danke sagen

von Tanja Langer
für den 5. Oktober 2025

Wenn mich meine Mutter als Kind mit zum Einkaufen in den Supermarkt nahm, habe ich mich immer besonders auf die Wurst- und Käsetheke gefreut. Wenn die nette, rundliche Dame mich sah, schnitt sie sofort ein „Schnippelche Fleischworscht“ ab und ich hangelte mit meinen kurzen Ärmchen nach oben und schnappte das Stück und ließ es genüsslich im Mund verschwinden. Noch während ich kaute, kam ein kurzer Schubs von meiner Mutter und die Frage: „Wie sagt man?" Mit vollem Mund nuschelte ich dann artig ein „Danke“ gen Theke. So und in ähnlichen Situationen wurde uns als Kind beigebracht, sich zu bedanken, wenn man etwas bekam. 

Und nun feiern wir um das erste Oktoberwochenende herum in unseren Gemeinden das Erntedankfest. Eine Zeit, in der wir uns bewusst machen, dass es nicht selbstverständlich ist, einen vollen Kühlschrank zu haben und das täglich Brot. In der zweiten Strophe vom Erntedank-Klassiker Wir pflügen und wir streuen heißt es: …… es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott. Symbolisch dafür schmücken wir die Altäre mit Obst und Gemüse, in ländlichen Gemeinden auch mit einer Erntekrone, die traditionell aus den vier Getreidesorten Roggen, Weizen, Hafer und Gerste gebunden wird. In städtischen Gebieten wird der Schmuck manchmal durch Handwerkserzeugnisse ergänzt – auch sie sind Früchte der Arbeit. Ernte bedeutet eben vieles: Nahrung und Kleidung, jedes Wachsen und Gedeihen in Partnerschaft und Familie, große und kleine Erfolge im Beruf.

Bereits aus dem Mittelalter stammt die Tradition, dass die Gaben des Erntealtars bedürftigen Mitbürgern zugute kommen: Sie werden an Obdachlosenheime oder Tafeln gespendet, so auch bei uns. Bei manchen reicht es eben nicht zum „täglich Brot“. Diese Gedanken gehören auch zum Erntedank: Wertschätzen, was man hat und an die denken, die es nicht haben.

Aber ich finde ja, es geht noch um viel mehr. Erntedank regt an, sich ganz persönlich zu fragen: Was durfte bei mir im vergangenen Jahr wachsen und reifen? Vielleicht auch ein Moment, stolz auf sich selbst zu sein. 

Noch eine andere Erinnerung habe ich an das „Danke“ sagen in meiner Kindheit. Meine Tante brachte mir bei, jeden Abend vor dem ins-Bett-gehen vor dem Bett zu knien und die Hände zu falten und Gott für etwas Gutes oder Schönes an diesem Tag zu danken. Und das ist so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich es auch heute noch tue. Naja, zugegeben knie ich nicht mehr, ich würde kaum noch hochkommen, aber das mit dem Danken für positive Dinge eines Tages, das mache ich nach wie vor. Und es gibt immer etwas, was schön war und wofür man einfach mal Danke sagen kann. Auch ganz ohne Erntedankfest. 

Tanja Langer ist Pfarrerin im Nachbarschaftsraum Evangelische Kirchen am Limes

Auf einem Tisch liegen eine Bibel und ein Block. Man sieht zwei Hände, die einen text schreiben.Tobias Frick/fundus-medien.de

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