von Julia Rennecke
für den 21. Januar 2024
„Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar…“ Wir schreiben den 21. Januar 1815: Ein Leben endet. Es ist das des emotionalen Lyrikers, Journalisten und Volkslied-Verfassers Matthias Claudius. Er ist der „Vater“ des „Abendliedes“ – uns besser bekannt unter dem Namen „Der Mond ist aufgegangen“.
Geboren wurde Claudius am 15. August 1740 in eine Pfarrfamilie in Holstein, er studierte einige Semester lang Theologie und befasste sich – ab den 1780er Jahren – viel mit religiösen Themen. Sein „Abendlied“ bildet die Gedichts-Vorlage zu dem, unter der Vertonung von J. A. P. Schulz, bekannten, christlichen Lied, welches zum ersten Mal 1779 veröffentlicht wurde. Heute findet man es im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 482.
Als Schreib-Vorlage diente Claudius das Gedicht „Nun ruhen alle Wälder“ (EG 477) von Paul Gerhardt aus dem Jahre 1647, auf dessen Melodie Claudius’ Abendlied ursprünglich gesungen werden sollte.
Claudius beschreibt eindringlich die Natur in der Dämmerung: das Wechselspiel von dunklem Wald und hellen Gestirnen, die Vergänglichkeit des einzigartigen Tages und der zeitlosen, menschlichen Existenz an sich. Eine Wehmut erfüllt mich beim Hören, ein Gefühl von Abschied, von Loslassen und zugleich Zur-Ruhe-Kommen. Denn – und davon lebt das Lied – in allem ist die Sehnsucht nach Gott, dem Ewigen und Unvergänglichen, dem wir uns während der Nacht anvertrauen dürfen:
„Gott lass' dein Heil uns schauen, auf nichts Vergänglich's trauen, nicht Eitelkeit uns freu'n! Lass' uns einfältig werden und vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein!“ Werden wie Kinder, die Last des Alltags abgeben – wünschen wir uns das nicht alle?
Mich berühren Claudius Worte zum Mond: „Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön: So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil uns're Augen sie nicht seh'n.“ So viele Dinge sind für uns Menschen schwer zu verstehen: Liebe, Glaube, Hoffnung – was wesentlich ist, kann man mit den Augen nicht erfassen, mit dem Verstand nicht begreifen. Und vielleicht müssen wir das gar nicht.
Vertrauen lautet das Zauberwort. Wenn wir uns niederlegen, vertrauen wir darauf, dass Gott uns in dieser Nacht beschützen und bewahren wird. Auch ohne unser Zutun. Wir lassen los und werden wieder ganz, heil. Die „Batterien“ werden neu aufgeladen. Denn Gott trägt uns durch die Nacht. „Und unseren kranken Nachbarn auch.“
Julia Rennecke ist Pfarrerin in Hirzenhain
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